Das Studierendenparlament der RWTH Aachen hat am Mittwoch die Kündigung des SemesterTicket NRW zum Sommersemester 2024 beschlossen. Das Paradoxe: Die Studierendenschaft kündigt nicht, weil Sie das Semesterticket abschaffen möchte, sondern weil das Deutschlandticket und eine fehlende Lösung keine andere Wahl lässt.
Zum Hintergrund
Im Oktober 2022 wurde das Deutschlandticket angekündigt. Seitdem setzt sich der AStA für eine Lösung im Kontext des Deutschlandtickets und somit für den Erhalt von bezahlbarer und nachhaltiger Mobilität ein.
Das Semesterticket wird im Solidarmodell angeboten, d.h. alle Studierenden zahlen den gleichen Beitrag – unabhängig davon wie viel sie es nutzen. Das Bundesverwaltungsgericht urteilte nach Klagen, dass der Vorteil für die gesamte Studierendenschaft groß sein muss gegenüber dem Nachteil einzelner Studierender, die das Ticket nicht oder nur wenig nutzen. Zuvor ermöglichte das Solidarmodell einen Preisvorteil von fast 90 %, vergleichbare Tickets waren um den Faktor 10 teurer.
Doch mit der Einführung des 49-Euro-Tickets ist der Preisvorteil geschwunden. Das Semesterticket steht seitdem auf wackligen Beinen. Aus diesem Grund beschlossen die Studierendenschaften in NRW bereits auf dem Landes-ASten-Treffen im November 2022 – fünf Monate vor der Einführung des 49-Euro-Tickets – eine gemeinsame Forderung für die Zukunft des Semestertickets: Deutschlandweite Gültigkeit für 129 Euro im Semester.
Auch die Verkehrsminister*innen der Länder haben das Problem erkannt und deshalb auf ihrer Konferenz in Aachen Ende März 2023 beschlossen:
„[D]ie Erarbeitung eines bundesweiten Solidarmodells für die Studierenden auf Basis des Deutschlandtickets [ist] […] weiterhin das Ziel. Es soll schnellstmöglich eingeführt werden. Um die bestehenden Solidarmodelle bei Semestertickets für alle Studierenden auf Dauer rechtssicher zu erhalten, werden Bund und Länder kurzfristig einen Vorschlag zur Integration dieses Tickets in die Systematik des Deutschlandtickets erarbeiten.“
Auf Bund-Länder-Ebene liegt dem Koordinierungsrat zum Deutschlandticket seit Mitte Juni ein ausgearbeitetes Modell vor. Der Beschluss hierzu wurde jedoch immer wieder vertagt – insbesondere durch die Blockade der Bundesregierung. Der Aachener Stadtrat hat aus diesem Grund bereits im September eine Resolution [1] zum Erhalt des Solidarmodells beschlossen. Doch auch auf den Verkehrsminister*innenkonferenzen Ende September und Anfang Oktober sowie auf der Ministerpräsident*innenkonferenz letzte Woche, kam es zu keiner Einigung zwischen Bund und Ländern.
Zu den Auswirkungen
In Aachen läuft der Vertrag über das AVV-Semesterticket mit Ende des Wintersemesters aus. Als Folge dessen hat das Studierendenparlament beschlossen das SemesterTicket NRW – die Erweiterung des AVV-Semestertickets auf ganz NRW – zum Sommersemester 2024 zu kündigen. Die lange erwartete Lösung von Bund und Ländern ist überfällig, das Semesterticket steht vor dem Aus. Die Zeit, in der es möglich gewesen wäre, eine Anschlusslösung für das Sommersemester zu verabschieden, läuft im Dezember ab.
„Wir sind frustriert und enttäuscht. Wir kämpfen seit einem Jahr für eine Lösung, haben immer wieder vor einem Aus des Tickets und den Folgen gewarnt und unsere Fristen klar kommuniziert. Doch eine tragfähige Lösung steht weiterhin aus”
kommentiert Simon Roß, Vorsitzender des AStA der RWTH Aachen. Das Paradoxe daran sei, dass der Wegfall des Semestertickets ein Verlust für alle sei – Für die Studierenden, für die Verkehrsunternehmen, für die öffentlichen Haushalte und für die Gesellschaft.
Dieser verschärft die prekäre finanzielle Situation der Studierenden, die auf bezahlbare Mobilität angewiesen sind. Mit dem Wegfall bleibt lediglich das Deutschlandticket, welches (beim aktuellen Preis) für Studierende, die auf den ÖPNV angewiesen sind, Mehrkosten von knapp 200 Euro im Jahr bedeuten würde.
Marco Leonhardt, Finanzreferent im AStA der RWTH Aachen, ergänzt:
„Der Preis für das Ticket muss sinken, damit wir es Studierenden weiter anbieten können. Und dies ist auch möglich, weil der Wegfall des Semestertickets Verkehrsunternehmen und öffentliche Haushalte am Ende mehr Geld kosten würde. Studierende können nicht die ÖPNV-Finanzierungslöcher stopfen, die durch das 49-Euro-Ticket entstanden sind.”
Allein die ASEAG verliere jährliche, sicher-planbare Einnahmen in Höhe von knapp 13 Millionen Euro.
Auch für die Nachhaltigkeitsziele sei das Aus des Tickets dramatisch: Studierende leben die Mobilitätswende seit über 20 Jahren. Neben den sozialen Aspekten spielten bei der Einführung auch Aspekte zum ökologischen Hintergrund, wie Flächenverbrauch und CO2-Belastung eine Rolle. Ein Wegfall des Semestertickets ist damit auch unter mobilitäts- und klimapolitischen Gesichtspunkten eine Katastrophe.
Der Ball liegt nun bei der Politik und den Verkehrsbetrieben bis Dezember eine Lösung vorzuschlagen.
Ausführliche Antworten auf Fragen zur Thematik: Deutschlandticket-Semesterticket FAQ
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